02/07/2024 0 Kommentare
Überwinde das Böse mit Gutem
Überwinde das Böse mit Gutem
# Aus der Gemeinde ...
Überwinde das Böse mit Gutem
»Lass Dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.«
Rö 12,21
Wenn ich nicht schon einen Konfirmationsspruch hätte, dann würde ich mir vielleicht den Wochenspruch dieser Woche aussuchen. Ich hatte den Spruch gar nicht auf dem Schirm, aber trotzdem ist er so eine Art Motto von mir. Das ist nicht immer angemessen, aber dazu erst am Schluss.
Vergangene Woche Montag sind wir mit einer beachtlichen Gruppe Konfirmand:innen, Teamer:innen und solchen, die auch mal Teamer:innen werden wollen – den Trainees – nach Blåvand in Dänemark aufgebrochen. Zur Konfafahrt. Endlich mal wieder, nach einem Jahr Pause wegen – na, Sie wissen schon. Alle waren aufgeregt, nicht alles lief glatt. Dafür aber kam gleich schon wieder ein Wenig von der schönen chaotischen Stimmung auf, die Jugendarbeit so lebendig und kreativ macht. Aber nicht bei allen.
Die beiden Busfahrer, vor allem einer, waren angefressen. Sie hatte eine polizeiliche Prüfung über sich und ihren Bus ergehen lassen müssen und das wohl als persönliche Beleidigung aufgefasst. Jedenfalls war die Laune im Keller. Und dann dauerte mit diesen Jugendlichen und ihren vorfreudig-entspannten Leiter:innen alles auch noch so lange!
Das ist so eine klassische Situation, in der ich tendenziell freundlich und wohlwollend werde. Damit habe ich schon manche:n Freund:in, die zur aufbrausenden Fraktion gehören, zur Weißglut getrieben. Aber ich habe damit fast immer gute Erfahrungen gemacht.
In diesem Fall war es aber auch ganz einfach, wir mussten einfach erstmal hinnehmen, dass die Busfahrer nun eben genervt und gestresst waren und erstmal auf ihre Vorstellung eingehen, jetzt, wo es soweit war, loszufahren. Die Ansage über die Regeln der Busfahrt mit wohlwollender Folgsamkeit abnicken, wenn sie auch im Bademeister-Kasernenhofton, ohne ein Wort zuviel, dafür mit der ganzen Wucht eines gereizten Hünen von einsneuzig vorgetragen wurde. Ansonsten erstmal Ruhe bewahren und Raum zum Abdampfen lassen.
Einfach mal runterschlucken, dass das Busunternehmen über die Kontrolle im Voraus informiert war und dass wir nur sieben Minuten nach vereinbarter Abfahrtszeit durch die Ernststr. kurvten.
Ich erlebe es oft, dass die Ruhe, und Freundlichkeit, die man sich im Umgang mit den meisten Menschen wünscht, irgendwann zurückkommt, wenn man es schafft, sie im Angesicht von Gereiztheit oder sogar Aggression zu bewahren.
So auch in diesem Falle. Der Hüne mit dem Bürstenschnitt taute nach und nach auf. Vielleicht fühlte er sich ernst genommen, vielleicht war seine Sorge, dass er da eine paranoide Chaostruppe im Wagen hatte, nach der erstaunlich pünktlichen Rückkehr der Meute von der ersten, knappen Toilettenpause verflogen. Ach, vielleicht hat er sich auch in seiner Autorität durch unsere Zurückhaltung bestätigt gefühlt – egal.
Jedenfalls hat er dann später, in dem Moment, in dem es drauf ankam, doch nochmal seine starren Regeln gebrochen, aus einfacher menschlicher Rücksicht für die Bedürfnisse eines Mitfahrers.
Zwar sackte die Laune seines Kollegen umgekehrt proportional zu seinem Auftauen ab. Aber der hatte einfach Hunger, weil er vergessen hatte, sich Brote zu schmieren. Der war also hangry (=hungry+angry). Kenne ich von mir auch. Im Ganzen war es eine erstaunlich entspannte Reise. Das haben einige aus der Gruppe am Abend noch gesagt.
Wie gesagt, ich habe bisher öfter auf diese Weise ganz gute Erfahrungen gemacht. Und das ist für mich ein gutes Beispiel für das, was Paulus mit seinem Spruch von der Überwindung des Bösen durch das Gute gemeint haben könnte.
Ich sehe ein, dass es seine Grenzen hat, das würde ich vielleicht auch Paulus sagen und ich sage es hier auch mir selbst: Nicht nur, aber auch verbal ist manchmal Selbstverteidigung gefragt und muss dann auch erlaubt sein!
Aber vielleicht schafft man es auch dann trotzdem noch, in den anderen die Menschen zu sehen, sich nicht anstecken zu lassen und selbst vor Sorge, Angst, Wut oder Beleidigung blind zu werden. Ich hoffe, dass man umgekehrt das Gute in sich finden und so stark machen kann, dass es seine ruhige Kraft entfalten kann.
Ihr
Oskar Hoffmann
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