Eine Zumutung?

Eine Zumutung?

Eine Zumutung?

# Aus der Gemeinde ...

Eine Zumutung?

„Wer seine Hand an den Pflug legt und sieht zurück, der ist nicht geschickt für das Reich Gottes“
(Wochenspruch am 7. März 2021 | Lukas 9, 62)

Das Wort Zumutung wird in Corona-Zeiten geradezu in aller Munde geführt. Die Einen finden es eine Zumutung, was ihnen an sozialen Kontakten, an kulturellem Leben bis hin zur Einschränkung ihrer wirtschaftlichen Basis durch Auflagen vorenthalten wird. Die in der Politik Entscheidenden halten die getroffenen Maßnahmen angesichts der großen Gefahren durch die Pandemie für zumutbar. Dritte halten diejenigen Mitmenschen für eine Zumutung, die die Auflagen mutwillig oder fahrlässig missachten.

Der Begriff der Zumutung beschreibt jedoch nicht nur unsere Gefühlswelt. Er ist auch juristisch bedeutsam; es geht im Recht bei der Zumutbarkeit darum, dass ein angemessener Interessenausgleich zwischen zwei Parteien stattfinden kann. Als zumutbar gilt die Angemessenheit einer Anforderung an ein Verhalten (Wikipedia).

Der heutige Wochenspruch aus dem Lukasevangelium behandelt genau diese Frage der Zumutbarkeit. Wir lesen in diesem Text, was Jesus in der Begegnung mit drei Menschen, die ihm folgen wollen, zugespitzt und herausfordernd verlangt. Beim ersten Lesen frage ich mich unwillkürlich, ob diese scharfen Anforderungen an deren Verhalten so einfach zumutbar sind.

Der Luthertext schildert die Begegnungen folgendermaßen:
Und als sie auf dem Wege waren, sprach einer zu ihm: Ich will dir folgen, wohin du gehst.  Und Jesus sprach zu ihm: Die Füchse haben Gruben und die Vögel unter dem Himmel haben Nester; aber der Menschensohn hat nichts, wo er sein Haupt hinlege.

Und er sprach zu einem andern: Folge mir nach! Der sprach aber: Herr, erlaube mir, dass ich zuvor hingehe und meinen Vater begrabe. Aber Jesus sprach zu ihm: Lass die Toten ihre Toten begraben; du aber geh hin und verkündige das Reich Gottes!

Und ein andrer sprach: Herr, ich will dir nachfolgen; aber erlaube mir zuvor, dass ich Abschied nehme von denen, die in meinem Haus sind. Jesus aber sprach zu ihm: Wer seine Hand an den Pflug legt und sieht zurück, der ist nicht geschickt für das Reich Gottes.

Der erste will ihm bereitwillig folgen, wo Jesus auch hingehen möge. Er erhält aber zunächst als kompromisslose Anforderung, dass er dann seine gewohnte Komfortzone mit festem Wohnsitz aufgeben muss. „Der Menschensohn hat nichts wohin er sein Haupt hinlege.“  Dem Wanderprediger Jesu zu folgen heißt, auch dessen dornigen Weg konsequent mitzugehen. Der Bereitwillige wird wohl zunächst seiner Begeisterung und Illusionen beraubt worden sein.

Der zweite wird von Jesus aufgefordert, ihm zu folgen. Er bittet aber um einen kleinen Aufschub, um seinen toten Vater zu begraben. Eigentlich war die Beerdigung des eigenen Vaters eine wichtige Pflicht nach dem jüdischen Glauben - und ein Werk der Barmherzigkeit ist es allemal. Er bekommt aber die harsche Antwort: „Lass die Toten ihre Toten begraben; du aber gehe hin und verkündige das Reich Gottes“. Jesus fordert ihn auf, sofort und unmissverständlich einen radikalen Wechsel der Perspektive vom Tod hin zum Leben vorzunehmen. Als er Jesus begegnet wird er hiermit berufen, den Sieg des Lebens über den Tod zu verkünden.

Der angesprochene Wechsel der Blickrichtung wird in der dritten Begegnung noch einmal verdeutlicht. Auch wenn es in den Geboten des Mose heißt: “Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren“, macht Jesus ihm klar: nichts gegen gebotene Abschiede. Aber wer im Gestern verharrt, kann die Zukunft nicht gewinnen. Der Blick für die neue Freiheit soll nicht durch das Festhalten an lieb Gewonnenem verstellt werden.

Wir als Christen kennen den Lebens- und Leidensweg Jesu und seine Bedeutung für unsere neue Freiheit im Leben mit Gott. Und so stellt sich uns in der Passionszeit die Frage nach der Zumutbarkeit dieser drei Forderungen immer wieder neu. Lassen Sie uns den Mut aufbringen, auch scheinbar schwer Zumutbares in unserer Lebens- und Glaubensgestaltung zu ermöglichen.

Ihr
Dr. Michael Lent

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