4. Dezember

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# Adventskalender

4. Dezember

Blühende Phantasie

Stellt mensch heute Kirschzweige ins Wasser, dann tragen sie zu Weihnachten Blüten. Ja, klar. Und? Wozu diese Aufregung. Wird schon klappen. Wärme und Wasser und Licht, ganz einfach. Schon blühts. Was reden alle von einem Wunder? Alles erklärbar, alles machbar.

Wenn da nicht die Sache mit dem Warten wäre. Und mit der Geduld und mit der Phantasie. Die muss blühen, damit es klappt mit dem Wunder. Darum bitte einen Moment Geduld für eine Geschichte. Für Barbaras Geschichte:

Sie hatte es wieder getan. Der Vater war außer sich vor Wut und Sorge. Wieder war seine Tochter losgegangen und hatte sich mit diesen Leuten getroffen. Wie sollte etwas werden aus seinem Kind, wenn es sich einließ mit diesen Typen. Und ihren Geschichten. »Selig die Sanftmütigen«. »Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang.« »Du sollst ein Segen sein.« Jetzt war Schluss damit. Endgültig. Der Vater dachte dieses gefährliche Wort und sein Herz wurde zu Stein. Endgültig darf nie das letzte Wort sein. Doch an dieser Stelle der Geschichte gibt es kein anderes.

Der Vater handelt. Sperrt sein Kind ein. Engt es ein. Zieht die Dunkelheit der Hilflosigkeit über sein Leben. Und über Barbaras. Ihr Lieblingskleid darf sie anziehen. Das weiße, wärmende. Auf dem sich die Sonnenkäfer treffen und das Licht des Frühlings aufbewahrt wird. Dann ist es dunkel. Ein Turm voller Einsamkeit. Barbara ertastet ihren Raum. Und dann fühlt sie ihn. Den kleinen Zweig, der sich in ihrem Kleid verfangen hat. Zärtlich nimmt sie den Gruß des Lebens in die Hände. Netzt ihn mit ihren Tränen. Wärmt ihn. Findet den winzigen Spalt im Gemäuer, durch den ein wenig Licht fällt. Und träumt vom Blühen der Bäume. Vom Sausen des Windes. Von Winterstürmen und Vanilleeis. Von…

Und das Leben wächst. Setzt sich durch. Durchbricht alle Mauern. Lässt das Licht herein. Wartet. Glaubt. Hofft. Liebt.

Barbara geht ihren Weg. Phantasievoll. Beschenkt. Wie das blühende Leben. Heute, am 4. Dezember, ist Barbaratag. Ich werde einen Kirschzweig ins Wasser stellen. Und auf das Wunder warten.

Ihre
Pfarrerin Barbara Gorgas

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