9. November

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# Aus der Gemeinde ...

9. November

An diesem Tag erinnern wir uns jedes Jahr an das »Kristallnacht-Pogrom« (diesen Begriff verwendet die Holocaustgedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem) in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 in Deutschland. In diesen Tagen wurden nicht nur jüdische Geschäfte geplündert und Schaufenster zerschlagen, sondern auch über 1000 jüdische deutsche Bürger ermordet oder in den Selbstmord getrieben.

Es war der Beginn des beispiellosesten Massenmordes in der Geschichte der Menschheit. Und es geschah mitten im zivilisierten Europa, mitten im hochentwickelten Deutschland, dem Land der Kultur, der Musik und des Geistes, im Land der Dichter und Denker.

Dieser Ausbruch von unmenschlichem Hass und Gewalt inmitten der normalen Gesellschaft zeichnete sich seit Jahren ab und wurde intensiv ideologisch vorbereitet durch Veröffentlichung in den Medien, in Büchern und Zeitungen, sowie durch die Gleichschaltung aller gesellschaftlichen Bereiche mit der menschenverachtenden Ideologie der Nazis.

Selbst die Kirchen konnten sich nur in kleinen Teilen dieser Ideologie entziehen, die meisten Gemeinden schlossen sich den sog. »Deutschen Christen« an.

Nach über 80 Jahren danach ist der Antisemitismus immer noch nicht aus unserer Gesellschaft verschwunden, im Gegenteil, er blüht wieder auf, wird wieder salonfähig, d.h. es sind inzwischen wieder offen antisemitische Äußerungen an der Tagesordnung. Eine Untersuchung hat ergeben, dass der Antisemitismus unter den Kirchenmitgliedern deutlich weiterverbreitet ist, als im Rest der Gesellschaft.

Das ist erschreckend und beschämend.

Es ist beschämend, dass Juden sich nicht mit einer Kippa in Berlin auf die Straße trauen können, weil sie befürchten müssen, angepöbelt oder angegriffen zu werden. Und wie damals reagieren die meisten Menschen mit Gleichgültigkeit auf diese grauenerregende Situation.

Veränderung ist nur durch Aufklärung zu erreichen, dadurch, dass wir immer und immer wieder daran erinnern, was damals aus dem antisemitischen Hass entstanden ist. Aufklärung und Erinnerung, das braucht eine offene Gesellschaft, in der alle Menschen, ganz gleich welcher Herkunft, welcher Nationalität und welcher Religion sie sein mögen, die gleichen Rechte haben und deshalb friedlich miteinander leben können.

Und Antisemitismus richtet sich immer auch gegen uns als Kirche, gegen uns als Christen, denn wir sind von unserem Ursprung her Menschen aus den Völkern, die durch den Glauben an den Juden Jesus in den jüdischen Glauben Abrahams hinein adoptiert worden sind. Das sollten wir nicht vergessen. Und deshalb sind wir als Christen verpflichtet, dem Antisemitismus entgegenzutreten.

Ihr
Pfarrer Jörg E. Vogel

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