02/07/2024 0 Kommentare
Eine Rose
Eine Rose
# Pfarrerin Gorgas denkt ...
Eine Rose
Die Angehörigen hatten sich das Lied von der letzten Rose gewünscht. Nun begann die Orgel zu spielen, die Töne schwebten im Raum und erzählten leise und zärtlich von Liebe und Leid, von Sehnsucht und ewiger Hoffnung im Herzen. Ich stehe am Altar, schaue in die Gesichter der Trauernden, lasse die weitergesagten Worte eines Lebenslaufes noch einmal in mir nachklingen.
Was bleibt von eines Menschen Zeit auf Erden? Immer gültige Frage. Nicht nur während einer Trauerfeier. Was wird erzählt werden von eines Menschen Glück und Schuld? Welche Geschichten werden das Lachen bringen? Worüber wird ein gnädiger Mantel des Schweigens gelegt werden?
Die Musik lässt meine Seele singen und meinen Blick weit werden.
Und dann ist er wieder einmal da, der Augenblick, wenn das Licht durchs Fenster fällt und die Geschichte vom Leben farbenfroh hindurchscheint. Ich liebe diesen Blick hinauf zur Orgelempore in der Kapelle des Martin-Luther-Kirchhofs.
Ich mag den Blick von innen nach außen, der nur durch das Licht aus der Höhe ein strahlender wird. Ich freue mich immer neu an diesem Kirchenfenster. Es ist bunt und geheimnisvoll. Von innen sieht es anders aus als von außen. Ein Mosaik mit klaren Linien. Aber weil mensch am besten mit dem Herzen sieht, kommt mir immer eine Rose entgegen. Es ist nicht die letzte, sondern eine immer zu erneuernde, eine zu reformierende. Das Wappen Martin Luthers, seine Rose, erzählt die Geschichte von Liebe und Leid, von Sehnsucht und ewiger Hoffnung.
Am 31. Oktober ist Reformationsfest und Luthers Rose blüht über den Tag hinaus. Auch in diesem Jahr. „Des Christen Herz auf Rosen geht, wenn’s mitten unterm Kreuze steht.“ Dieser Satz bedarf der Erklärung, und ich weiß doch, dass niemand Liebe erklären kann oder gar muss. Eine Rose ist eine Rose ist eine Rose. Ich versuche trotzdem eine Übersetzung.
Schwarz, rot weiß, blau, golden. Das sind die Farben, um die es geht. Geordnet, gedeutet, gelebt.
Martin Luther hat es für sich so getan. Ein schwarzes Kreuz in der Mitte. Am Tod kommt niemand vorbei. Unausweichlich. Endgültig. Eines Menschen Zeit ist begrenzt. Jesus ist gestorben, wie wir alle sterben. Aber für uns steht das Kreuz, damit wir leben. Und lieben. Darum ist das Kreuz im Herzen. Dessen Rot ist die Farbe des Blutes, der Liebe, des Bekenntnisses zum Leben.
Und eine weiße Rose blüht. Weiß, die Farbe der Engel. Gottes Boten in Licht gehüllt. Mit einer Nachricht. Die Schuld der Welt ist aufgehoben in GOTTes Gnade und Barmherzigkeit. Der Schöpfer des Himmels und der Erde ist da.
Und wo ER ist, da ist Himmel. Blau. Voller Musik, voller Poesie.
Und dann ist da noch das Gold. Der goldene Ring der Ewigkeit. Unendlich und doch gehalten. Vollendet und immer wieder neu. Die Letzten Dinge sind immer der Anfang für Neues.
Daran glaube ich. Dem vertraue ich.
Das Lied von der letzten Rose ist verklungen. Wir werden zum Grab gehen. Abschied nehmen, das Vaterunser beten. Auf dem Weg zurück zur Kapelle schaue ich von außen auf das Fenster. Ich sehe nur, was ich weiß. Eine Rose ist eine Rose ist eine Rose. Und mein Herz hofft.
Ein gesegnetes Reformationsfest wünscht Ihnen und bleiben Sie behütet!
Ihre
Pfarrerin Barbara Gorgas
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