Vorbereitung

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# Aus der Gemeinde ...

Vorbereitung

»Barmherzig und gnädig ist der HERR, geduldig und von großer Güte.«
(Psalm 103,8)

Meistens ist es so:
Sobald meine Kinder und Enkel einen Besuch bei mir ankündigen, läuft alles nach Plan. Ich steige in die Vorbereitungen ein. Schließlich soll es allen gut gehen, alle sollen sich wohlfühlen. Und auch ich will die Zeit auskosten. Will den Satz sagen: „Ihr seid ja schon wieder gewachsen!“ Will mit allen Sinnen genießen, wie die Enkel an der Tür Sturm klingeln, nach einem winzigen Moment der Orientierung ihre Rucksäcke schwungvoll in einer Ecke platzieren, um dann selbstverständlich alles in Besitz zu nehmen, was das Haus und die Kräfte der Großeltern zu bieten haben. Und darum bereite ich mich und alles andere vor. Ich richte die Schlafstätten her, die Kuscheltiere kommen auf die Kopfkissen. Ich räume in der Küche um, das Kindergeschirr gelangt aus den Tiefen des Schrankes nach vorn, ich hole Bobbycar, eine Kiste mit verbeulten, alten Spielzeugautos und die Legoschätze, die die eigenen Kinder freigegeben haben, aus dem Keller. Ich überlege, was es wann zu essen gibt und dass die Gummibärchengerechtigkeit unbedingt einzuhalten ist. Die Kinderbücher darf ich nicht vergessen und der Blick in die Liedtexte schadet auch nicht, meine Enkel sind textsicher und jede Abweichung von einmal eingeprägten Melodien wird streng geahndet. Ich habe viel zu tun und doch denke ich kaum darüber nach, wie sehr so ein Besuch meinen eigenen Lebensrhythmus durcheinanderbringt. Zu kostbar sind die wenigen Stunden des Beieinanderseins.

Diesmal ist es anders:
Ich weiß nichts von einem Besuch. Und ich war auf die Situation auch in keiner Weise vorbereitet. Ich war einfach gestürzt und hatte mir den Arm gebrochen. Damit war ich buchstäblich handlungsunfähig und von einem Moment zum andern darauf angewiesen, dass mir geholfen wurde. Das geschah auch in professioneller Weise und in liebevoller, empathischer noch dazu. Aber ich war dennoch unglücklich. Ich hatte soviel vor. Es gab soviel zu tun. Ich konnte doch nicht ausfallen. Wut und Kummer waren keine gute Mischung für meine Nächsten, die alles versuchten, mich aufzuheitern. Und die eine Überraschung vorbereitet hatten.

Besuch ist da. Kilian, mein jüngerer Enkel, steht mit seinem Vater in der Tür. Ich bin sprachlos, glücklich. Kilian sieht mich an: „Das ist eine Überraschung, Oma, Blumen haben wir auch.“ Dann geht er ins Haus. So wie immer. Ich lasse meiner Freude ihren Lauf und gebe einfach der Fröhlichkeit Raum. Es wird sich alles finden. Ich singe mit Kilian. Ich lese die schnell herbeigeschafften Bücher vor. Er saust mit seinen mitgebrachten Autos über den Fußboden. Er berührt vorsichtig meinen Arm und dann schläft er bei mir ein. Was für ein Glück. Am nächsten Tag heißt es Abschied nehmen. Mein Herz ist über und über voll mit Dankbarkeit und Liebe zum Leben. So ein heilsamer Besuch.

Und dann, dann ist er da, der große Moment der Barmherzigkeit. So, wie ihn nur Kinder schaffen können. Ich darf meinen Enkel noch einmal an mich drücken. Und er sagt dabei leise: „Wenn ich das nächste Mal zu dir komme, bist du aber vorbereitet, Oma!“ Dann fährt er in sein Zuhause. Und ich werde gesund.

Bleiben Sie behütet!

Ihre
Pfarrerin Barbara Gorgas

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