Verwirf mich nicht von deinem Angesicht, und nimm deinen heiligen Geist nicht von mir.
(Psalm 51, 13)

Psalm 51, aus dem der Vers der Tageslosung stammt, ist ein Schuldbekenntnis. Solche Bekenntnisse sind heute aus der Mode gekommen. Bei Verfehlungen – auch von Personen des öffentlichen Lebens – wird trickreich die weiße Weste gesucht. Es wird lieber dementiert, retuschiert und  kaschiert. Aktuell werden wir wohl nie erfahren, wie das Fußball-Sommermärchen 2006 wirklich nach Deutschland gefunden hat. Das Eingeständnis von Schuld und die Bitte um Vergebung, die vor 70 Jahren der damalige Bundeskanzler Willy Brandt mit dem Kniefall im Warschauer Ghetto demonstrierte, hat in weiten Teilen der Gesellschaft sogar Empörung ausgelöst.

Psalm 51 wird einem sehr prominenten Beter zugesprochen, nämlich König David. Er hatte Schuld auf sich geladen, indem er Batseba, die Frau seines Feldherren Urias, geschwängert hatte. Als der Versuch misslang, Urias als Vater in Frage kommen zu lassen, griff David zum letzten Mittel, welches er in dieser Situation sah. Er schickte Urias in einer Schlacht an die vorderste Front, wo dieser – wie geplant – ums Leben kam. Erst als der mutige Prophet Nathan dem König seine Verfehlungen durch ein Gleichnis bildhaft vor Augen führte, erkannte David ehrlich seine Schuld und den Weg, durch Buße vor Gott geläutert zu werden:

„Schaffe in mir Gott ein reines Herz, und gib mir einen neuen, beständigen Geist. Verwirf mich nicht von deinem Angesicht, und nimm deinen heiligen Geist nicht von mir. Erfreue mich wieder mit deiner Hilfe, und mit einem willigen Geist rüste mich aus.“

Diese Kernsätze  des  Psalms  haben in unseren Kirchen einen festen Platz. Sie zeigen uns die Chancen auf, mit einer Schuld vor Gott umzugehen. Wer so bittet, weiß, dass er sich nicht selbst reinwaschen kann, nicht entschulden aus eigener Kraft. Ein Neuanfang, wie ihn David für sich und sein Volk erreichen wollte, wird von außen geschenkt.

Auch in unserem Leben ist ein Neuanfang eine großartige Möglichkeit, nach der sich viele sehnen. Und das Wissen, dass es auch angesichts schwerer Schuld einen Neuanfang geben kann, wirkt befreiend.

Ich wünsche uns allen, diese Chance mit Gottes Hilfe wahrnehmen zu können.

Ihr
Dr. Michael Lent