02/07/2024 0 Kommentare
Zeit, inne zu halten
Zeit, inne zu halten
# Tageslosung mit Auslegung
Zeit, inne zu halten
Der Storch unter dem Himmel weiß seine Zeit, Turteltaube, Schwalbe und Drossel halten die Zeit ein, in der sie wiederkommen sollen; aber mein Volk will das Recht des HERRN nicht wissen.
(Jeremia 8, 7)
Der Prophet Jeremia drückt bildhaft etwas aus, was wir heute genauso gut verstehen können, wie die Menschen vor zweieinhalbtausend Jahren. Gott beklagt durch den Propheten, dass sein Volk nicht nur in der Entfremdung von seinem Gott lebt. Auch das Leben der Menschen untereinander sei zunehmend durch Unwahrheiten und Boshaftigkeit geprägt. Sein Volk stürme unreflektiert durch das Leben dahin „gleich einem Kampfross in der Schlacht“: immer vorwärts, mit aller Macht, ohne Rücksicht auf Verluste. Er mahnt, dass es doch nicht so schwer sein kann, den Weg zu Gott und den Mitmenschen neu zu gestalten, wenn selbst die Vögel eine Gespür dafür haben, wohin der Zug gehen muss, damit Leben für sie möglich ist.
Leider benötigen wir Menschen einschneidende Ereignisse, um über unser Handeln nachzudenken und inne zu halten. Das Corona-Virus zwingt uns derzeit nicht nur wichtige Aktivitäten einzustellen, sondern auch aktionistisches Treiben zu unterlassen. Es ist doch erstaunlich, wie die breite Bevölkerung derzeit die Einsicht mitträgt, dass zunächst nur das (Über)lebensnotwendige getan werden sollte, um eine Katastrophe abzuwenden. Wir sind gezwungen, den gewohnten, hektischen Alltag zu überdenken. Das Gebot des Abstandes lässt uns neue, kreative Wege der Kommunikation zu den Mitmenschen aufbauen. Wir nehmen in verstärktem Maße die Schwachen der Gesellschaft, die Alten- und Pflegeheime, die schutzbedüftigen Kinder und die Menschen am Rande unserer Gesellschaft in den Blick. Die Zeit ohne traditionelle Gottesdienste bringt den einen oder anderen dazu, den Kontakt zu Gott auf anderen Wegen zu finden. Wir lernen täglich, Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden.
Wir ahnen, dass die Zeit nach dem Virus eine andere sein wird. Durch den Propheten Jeremia hat Gott seinem Volk ausrichten lassen, dass es wieder aufstehen kann, dass es wieder zurechtkommen kann, wenn es innehält. Auch uns soll diese Botschaft gelten, dass das Recht des Herrn der Weg aus einer weltweit umfassenden Krise sein wird. Das Recht, das auf Frieden, Gerechtigkeit, Barmherzigkeit und Güte aufgebaut ist.
Ich wünsche uns allen, dass wir diesen Weg gehen wollen und können.
Ihr
Dr. Michael Lent
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