Wenn ich auch noch so viele meiner Gebote aufschreibe, so werden sie doch geachtet wie eine fremde Lehre.
(Hos 8,12)

Gestern war Palmsonntag. Wir erinnern uns daran, wie Jesus in Jerusalem einzog: Auf einem Esel und von den Menschen umjubelt als ein König. Ein paar Tage später schreien die gleichen Menschen: Kreuzige ihn! Mit Palmsonntag beginnt die Karwoche. Und sie wird in diesem Jahr nicht nur bei den Christ_innen, sondern auch in der ganzen Stadt, ja im ganzen Land eine stille Woche.

In Berlin trat am 03. April 2020 die neue (angepasste) Verordnung zur Eindämmung des Coronavirus in Kraft. Niedergeschrieben sind Regeln zum gesellschaftlichen Leben in den nächsten zwei Wochen. Dazu hat der Berliner Senat am 02. April 2020 einen Bußgeldkatalog beschlossen. Polizei und Ordnungsamt achten darauf, dass die Kontaktbeschränkungen eingehalten werden. Soweit so normal für heutige staatliche Institutionen. Zuweilen beteiligen sich dieser Tage aber auch hysterische Bürger_innen an der Überwachung und melden vermeintliche Verstöße ihrer Nächsten, ihrer Nachbar_innen. Wenn da zum Beispiel der Abstand von 1,5 m nicht millimeter-genau eingehalten wird, mal kurz mehr Menschen zusammenstehen als zwei oder auch die laute Musik aus der Nachbar_innen-Wohnung wird da ganz schnell mal zu einer Corona-Party.

Ganz anders handelt Gott. Gewiss wird in der Bibel auch von Strafen berichtet. Die prophetischen Bücher sind gut gefüllt mit sogenannten Gerichtsworten. Und die Worte der heutigen Tageslosung lassen eine solche Melodie erklingen: Wenn ich auch noch so viele meiner Gebote aufschreibe, so werden sie doch geachtet wie eine fremde Lehre. Daneben berichten die Propheten aber ebenso immer wieder von Gottes Treue und verkünden Heilsworte an das Volk. Der liebende Gott geht seinen Geschöpfen hinterher. Er erinnert immer wieder an seine Gebote, schreibt sie auf. Gottes Treue überwindet die Untreue und sein Langmut wird die Menschen (zurück-) gewinnen, weiß der Prophet Hosea. An Gottes gerechtem und geduldigem Handeln können wir Menschen uns orientieren.

Klar, dass in Zeiten der Krise manch eine_r an die Grenzen ihrer_seiner Belastbarkeit kommt. Dennoch wird ein geduldiges und ruhiges Gespräch mehr bewirken als ein Bußgeldbescheid. Ein hinweisendes Wort auf den als zu gering empfundenen Abstand oder an die Gruppe, die direkt vor dem Eingang des Supermarktes steht und quatscht. Und auch die höfliche Bitte an die Nachbar_innen, die Musik doch etwas leiser zu hören. Lauter hingegen sollten die Verantwortlichen in Politik und Gesellschaft jedoch darüber nachdenken, wie es weitergeht: »Wann, wenn nicht jetzt, in der erzwungenen Ruhe, soll man denn darüber reden, wie es nach dem 19. April weitergehen soll?« (https://chrismon.evangelisch.de/artikel/2020/49152/corona-krise-die-debatte-um-eine-exitstrategie).

Gestern am Palmsonntag begann die Karwoche. Eine stille Woche, in der wir der Treue Gottes nachspüren können. Bleiben Sie behütet!

Jesus spricht:
Ich bin dazu geboren und in die Welt gekommen, dass ich die Wahrheit bezeuge. Wer aus der Wahrheit ist, der hört meine Stimme.
(Joh 18,37)

Ihr
Sebastian Gebauer