Der Ruhe-Monat

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# Angesagt!

Der Ruhe-Monat

Ich sitze am Schreibtisch, bin geblendet von der Sonne, die mir gerade ins Gesicht scheint. Strahlend blauer Himmel, das bunte Farbenkleid der Bäume fällt immer weiter ab und ich kann mir bei diesem Wetter noch gar nicht so recht vorstellen, dass am Freitag bereits der 01. November beginnt.
Es liegt ein Monat vor uns, der viel mit Gedenken zu tun hat. Die Novemberprogrome, 30 Jahre Mauerfall, Volkstrauertag, Totensonntag - um nur einige Gedenktage zu nennen, die wir im vor uns liegenden Monat haben werden. Tage, die uns an die dunklen und traurigen Momente unserer Geschichte aber auch unserer persönlichen Biografie erinnern. Immer damit verbunden, dass wir an Menschen denken, die wir vermissen, die nicht hier sind, aber einen Platz in unserem Herzen haben. Nicht umsonst wird immer wieder gesagt, jetzt beginnt die dunkle Jahreszeit. Manche fühlen dieses Dunkle und Schwere, welches der Monat November mit sich bringt, tief in sich drin. Die Sonne scheint nicht mehr so oft; die bunten Farben sind nicht mehr da. Erich Kästner schreibt in einem Gedicht über den November, dass er Trauerflor trägt. Das stimmt, auf den ersten Blick sehe ich das auch so.
Das Schwere, das der November mit sich bringt, hatte ich persönlich noch nie so intensiv empfunden, ich mag den November eigentlich ganz gerne.
Vor einigen Jahren bin ich im November durch Nicaragua gereist. Dort wird Allerheiligen/Allerseelen ganz besonders gedacht. Nicht mit dunklen Farben und dem Novembergrau, sondern mit einer unglaublichen Farben- und Blumenpracht, die ich auf den Friedhöfen gesehen habe. Das war für mich irgendwie befremdlich. Mit Gedenken verbinde ich dunkle, gedeckte Farben und auch eine gewisse Ruhe, die es in Nicaragua so nicht gab. Ich war froh, dass ich noch die zweite Novemberhälfte hier in Deutschland hatte, grau in grau. Schwer hat es sich nicht angefühlt, aber ich kann seitdem viel konkreter sagen, wieso ich den November ganz gerne mag: das Bunte, Lebedinge, das im Frühling startet und sich dann bis in den Herbst hineinzieht, wird ruhig.
Es beginnt ein Monat des Innehaltens und der Rekapitulation. Ein Monat, der uns entschleunigt und uns durch seine tristen Farben zum Nachdenken anregt. Der uns äußerlich zur Ruhe kommen lässt - die innere Ruhe müssen wir uns selbst nehmen.

„Denn auch Finsternis ist nicht finster bei dir, und die Nacht leuchtet wie der Tag, Finsternis ist wie das Licht.“
(Psalm 139,12)

Kirsten Goltz



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