»Sie hörten GOTT, wie ER im Garten ging…« (1. Mose 3,8)

»Sie hörten GOTT, wie ER im Garten ging…« (1. Mose 3,8)

»Sie hörten GOTT, wie ER im Garten ging…« (1. Mose 3,8)

# Pfarrerin Gorgas denkt ...

»Sie hörten GOTT, wie ER im Garten ging…« (1. Mose 3,8)

Immer, wenn der Frühling kommt, muss ich an meinen betagten, weisen Professor für Altes Testament aus Studienzeiten denken. Meine Gedanken wandern zu ihm hin, wenn ich sehe, mit welcher Anstrengung sich die ersten Blumen in unserem Gärtchen ans Licht kämpfen. Ich denke an ihn, wenn ich die guten Ratschläge erfahrener Gärtner wieder und wieder zu hören bekomme, weil die schon absehen können, dass es auch in diesem Jahr wieder nichts werden wird mit einer geordneten Blütenpracht im Pfarrgarten. Und ich höre ihn dozieren, wenn ich, wie immer in aller Eile, einigen Stiefmütterchen ihren Platz im Garten zuweise, um sie dann gänzlich ihrem Schicksal als Frühlingsblumen zu überlassen.

Dieser Professor hat uns Studenten damals auf das Examen vorbereitet, vor dem wir natürlich fast alle Angst hatten, war uns doch klar, dass wir genügend Gelegenheit hatten, unser Unvermögen unter Beweis zu stellen. Ich denke trotzdem gern an den alten Herrn, denn er hat uns auf wunderbare Weise Lust auf das Leben und für die Zukunft gemacht. Er sagte damals kurz vor den Prüfungen: „Meine Damen und Herren Studenten, sie werden in ihrem Leben eine ganze Menge wissen und noch viel mehr nicht wissen. Eines aber müssen sie wissen. Sie müssen immer die Frage beantworten können, was Gott tat, als der Abend kühl geworden war!“ In unsere sprachlose Stille hinein kam dann seine Antwort. Sein Augenzwinkern ist uns erst nach der Prüfung bewusst geworden. Zunächst war da nur das Wort des Professors: „GOTT ging spazieren. Und ein Gott, der spazieren geht, ist ein gnädiger GOTT. Auch wenn das Paradies erst einmal verloren scheint.“

Immer, wenn der Frühling kommt, beginnen in mir die Gartengeschichten der Bibel zu klingen und zu schwingen. Frühlingsblumen gleich, wollen sie ans Licht. Wollen erzählt und bedacht sein. Wollen sich verbinden mit der handfesten Arbeit im Garten. Wollen den Boden fruchtbar machen und den Himmel nicht aus den Augen verlieren. Immer, wenn der Frühling kommt, höre ich die Frage GOTTes im paradiesischen Garten des Anfangs: „Adam, wo bist du?“  Es ist die Frage an den Menschen nach seiner Verantwortung als geschaffenes Wesen. Es ist die erste und wichtigste Frage  der Schrift. Die Frage an den Menschen, der vom Baum der Erkenntnis gekostet hat, um unsterblich zu sein. Das Kosten ist die Sünde nicht, wohl aber der Grund des Kostens. Die Menschen wollen sein wie GOTT. Das geht nie gut und ist nie gut. Das kostet immer das Paradies und bringt immer Mühsal und Schmerz…

Und ich höre eine andere Frage der Schrift. Verzweifelt und bang gestellt im dunklen Garten der Passion: „Könnt ihr denn nicht eine Stunde mit mir wachen?“ Jesus stellt sich der Frage GOTTes: „Mensch, wo bist du?“ Er ringt mit ihr und mit GOTT, den er Vater nennt. Die Jünger schlafen im Garten Gethsemane. Und Jesus wacht und betet. Einer wacht und betet, damit  die Frage des Anfangs beantwortet wird. Wie mag GOTT gelitten haben in jener Nacht im Garten? SEIN Kind wird sterben, damit SEINE geliebten Menschen in Verantwortung leben können…

Die dritte Gartenfrage ist die schönste. Gestellt von einer Frau. Natürlich. Eine Frau, die weiß, dass Eva, die Mutter allen Lebens, vom Baum der Erkenntnis gekostet hatte, um klug zu werden. Eine Frau, die immer wieder zu hören bekommt, dass Schönheit eine Sünde sei. Eine Frau, die Leben und Liebe mit Jesus geteilt hat. Maria Magdalena fragt nach dem Gekreuzigten und sieht den Auferstandenen nicht. Die Klugheit lässt sie Jesus für den Gärtner halten, und erst der Klang ihres Namens öffnet ihr Herz für den Christus. Im Ostergarten kommen Herz und Verstand zusammen. Maria Magdalena trägt die Frage nach dem „Wo bist du?“ in die Welt. Gemeinsam mit den anderen Menschen, die den fragenden GOTT in ihrem Leben dabei haben wollen, erzählt sie ihre Geschichte vom Garten. Und die Menschen, die Christus in ihrem Leben dabeihaben wollen, erzählen die Geschichte vom Senfkorn, das in einem Garten ausgesät, zum großen Baum wird, in dem die Vögel ihre Frühlingslieder pfeifen. Die Geschichte beginnt mit den Worten: „Das Reich GOTTes gleicht einem Senfkorn…“

Immer, wenn der Frühling kommt, stehe ich staunend vor den winzigen Schneeglöckchen in meinem Garten und frage mich, woher sie die Kraft nehmen, die Dunkelheit der Erde zu ertragen, um das Licht des Himmels zu erlangen. Ich kann es natürlich erklären, schließlich hatte ich auch irgendwann einmal eine Prüfung in Biologie. Aber für mein Leben hat mir die Klugheit des Professors geholfen, der mir GOTT als einen Spaziergänger in SEINEM Garten nahe gebracht hat. Mit GOTT im eigenen Lebensgarten spazieren zu gehen, ist immer gut und wird immer gut.

Immer, wenn der Frühling kommt, feiern wir das Osterfest, fünfzig Tage später ist Pfingsten. Viele Gelegenheiten zum Spazierengehen. Und es gibt wirklich schöne Gärten in der Gegend. Immer, wenn…

Ihre
Pfarrerin Barbara Gorgas

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