Sind Sie ei­gent­lich mit sich zu­frie­den?

Sind Sie ei­gent­lich mit sich zu­frie­den?

Sind Sie ei­gent­lich mit sich zu­frie­den?

# Pfarrer Domanski meint ...

Sind Sie ei­gent­lich mit sich zu­frie­den?

Sind Sie ei­gent­lich mit sich zu­frie­den?  Nein? Dann will­kom­men im Club! Ich den­ke, vie­le be­ant­wor­ten die­se Fra­ge in ih­rem Her­zen mit "Nein" oder "Oft nicht". Und auch die, die im gro­ßen und gan­zen mit sich zu­frie­den sind, ken­nen alle das Ge­fühl.

Es gibt sehr un­ter­schied­li­che Grün­de, nicht mit sich zu­frie­den zu sein. Da ist zum einen das Aus­se­hen: Die Nase ist zu groß, die Hüf­ten zu breit, der Bi­zeps zu klein und die Fal­ten zu gut zu se­hen. Eine gan­ze In­du­strie lebt da­von, dass wir uns nicht wohl füh­len in un­se­rer Haut und mit un­se­rem Aus­se­hen nicht zu­frie­den sind. Mit Cremes für den Tag und die Nacht, Trenn­diä­ten und Well­nesspro­gram­men, Fit­nesscen­tern und Schön­heits­ope­ra­tio­nen, ver­spricht sie, un­ser Aus­se­hen zu ver­bes­sern, und da­für zu sor­gen, dass Mut­ters Hän­de nicht mehr von den Hän­den der Freun­din zu unterscheiden sind. Der Er­folg ist mei­stens be­schei­den, die Un­zu­frie­den­heit bleibt.

Das Pro­blem liegt tie­fer. Un­ter der Haut so­zu­sa­gen. Ge­le­gent­lich trifft man Menschen, die al­les an­de­re als hübsch sind, und die doch eine sol­che Le­ben­dig­keit und Herz­lich­keit aus­strah­len, dass sie ein­fach wun­der­schön sind. Wah­re Schön­heit kommt von in­nen, sa­gen wir - bloß da hel­fen kei­ne Tie­gel­ und Cremetöpfe und auch kei­ne Schönheitsoperationen. Und ge­nau das ist das Pro­blem. Wenn sich un­se­re Un­zufrie­den­heit nur auf Äu­ße­res be­schrän­ken wür­de, könn­ten wir wahr­schein­lich gut da­mit le­ben. Aber oft sind wir nicht nur mit un­se­rem Aus­se­hen, son­dern mit uns selbst un­zu­frie­den. Wir sind nicht gut ge­nug, nicht schnell ge­nug, nicht klug ge­nug, nicht selbst­be­wusst ge­nug, nicht freund­lich oder cool ge­nug. Und wenn wir uns um­se­hen, fin­den wir im­mer je­man­den, der bes­ser, klü­ger oder schö­ner ist. Und auch wenn an­de­re sa­gen, dass wir et­was kön­nen oder gut ge­macht ha­ben, trau­en wir dem oft nicht. Schließ­lich ken­nen wir uns bes­ser als die an­de­ren, se­hen un­se­rer Feh­ler ganz ge­nau.

Nie gut ge­nug zu sein  - dass hat auch in der Kir­che eine lan­ge und trau­ri­ge Tra­di­ti­on. Gott als der stren­ge Rich­ter und wir als die ewi­gen Ver­sa­ger. Das ist, Gott sei Dank, heu­te nicht mehr so. Da­für sind wir jetzt oft un­se­re ei­ge­nen Rich­ter – ohne Aus­sicht auf Be­gna­di­gung.

"Wenn uns un­ser Herz auch ver­ur­teilt – Gott ist grö­ßer als un­ser Herz und er­kennt alle Din­ge." So steht es im er­sten Brief des Jo­han­nes. Ein wun­der­ba­rer Satz, fin­de ich. Es gibt ei­nen, der al­les weiß, der un­se­re gan­zen Feh­ler und Mac­ken sieht, al­les, wo es nicht ge­reicht hat, auch un­se­re Un­zu­frie­den­heit - und der uns doch nicht ver­ur­teilt son­dern in die Arme schließt, und uns eine Lie­bes­er­klä­rung macht. Uns, die wir doch nie gut ge­nug sind.

Ein paar Zei­len vor­her schreibt der Au­tor des er­sten Jo­han­nes­brie­fes: "Mei­ne Lie­ben, wir sind schon Got­tes Kin­der, aber es ist noch nicht of­fen­bar ge­wor­den, was wir sein wer­den, wenn es aber of­fen­bar wird, wer­den wir ihm gleich sein, denn wir wer­den ihn se­hen, wie er ist." Sa­lopp könn­te man über­set­zen: Es ist noch nicht 'raus, was aus uns noch al­les wird. Gott hat uns jetzt schon ad­op­tiert, aber er hat noch viel mit uns vor. Und am Ende des We­ges wer­den wir ihm äh­neln und ihn er­ken­nen, wie er wirk­lich ist.

"Gott ist die Lie­be." Auch die­ser Satz steht im er­sten Jo­han­nes­brief. Und wenn wir uns auf sei­nen Weg ein­las­sen, wir wer­den ihm im­mer ähn­li­cher, bis wir ganz ver­ste­hen wer­den, was das heißt: Gott ist die Lie­be.

Uns hat er da­für aus­ge­sucht, Sie und mich, und un­se­re gan­zen Mac­ken und Feh­ler, un­se­re Nör­ge­lei un­se­re Zwei­fel und Un­zu­frie­den­heit schrec­ken ihn nicht ab. Sei­ne Lie­be ist grö­ßer als un­se­rer Herz, dass uns ver­ur­teilt, und er hat noch viel mit uns vor.

Wenn wir uns auf den Weg der Lie­be ein­las­sen, wer­den wir fest­stel­len, dass vie­les von dem was un­zu­frie­den sein lässt ver­schwin­det – oder nicht mehr so wich­tig ist. Wah­re Schön­heit kommt von in­nen. Will­kom­men im Club.

Ihr
Pfarrer Jean-Otto Domanski

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